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Tobias Hauswurz
Redakteur

Liebe Leserinnen und Leser, 

der Skandal um mögliche Korruption bei den Gelsendiensten sorgt jetzt auch für Streit in der Politik. Angegriffen hat nun die Gelsenkirchener CDU. 

Die Partei will lieber heute als morgen Markus Schwardtmann absägen. Den Mann kennen Sie nicht? Schwardtmann ist in Personalunion nicht nur Referatsleiter der städtischen Öffentlichkeitsarbeit, sondern auch Geschäftsführer der Stadtmarketing Gesellschaft (SMG), das kommunale Unternehmen, das mit den Gelsendiensten in den Korruptionsskandal verwickelt war.

Einen entsprechenden Antrag, Schwardtmann als Geschäftsführer der SMG abzusetzen, hatte die CDU-Fraktion in der letzten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses gestellt. Aber der Reihe nach.

Das ist der Hintergrund:

Im Zentrum des Skandals stehen Mitarbeitende von zwei städtischen Unternehmen: Dem Gelsenkirchener Entsorger Gelsendienste und der Stadtmarketing Gesellschaft. Mitarbeitende der Gelsendienste sollen über Jahre hinweg Nebenjobs bei der SMG bekommen haben, ohne dafür tatsächlich zu arbeiten. Die SMG soll sich das Geld dann per Rechnung von den Gelsendiensten zurückgeholt haben. So sollen insgesamt 175.000 Euro in die Taschen der Gelsendienste-Mitarbeiter geflossen sein - zusätzlich zu ihrem normalen Gehalt. Aufgefallen war das bei einer internen Untersuchung. Die WAZ berichtete Mitte Mai zuerst darüber.

Besonders brisant: Der Hauptbeschuldigte arbeitete sowohl bei den Gelsendiensten als auch bei der Stadtmarketing Gesellschaft in der Geschäftsführungs-Doppelspitze. Rechnungen, die er in seiner Funktion bei der SMG gestellt hat, habe er bei den Gelsendiensten selbst freigegeben, so der Vorwurf.

Staatsanwaltschaft ermittelt 

Gelsendienste trennte sich in der Folge von mehreren Mitarbeitern, unter anderem vom Hauptbeschuldigten.

Inzwischen führt auch die Essener Staatsanwaltschaft Strafermittlungen wegen des Verdachts auf Korruption durch - insgesamt gegen sieben Personen.

Markus Schwardtmann als Co-Geschäftsführer der SMG blieb hingegen bisher unangetastet. Schwardtmann gilt als SPD-Getreuer, seine Jobs als Referatsleiter der Öffentlichkeitsarbeit und Geschäftsführer der SMG trat er unter Ex-Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD) an.

Worum geht es im Streit?

Die CDU will Schwardtmann jetzt loswerden - zunächst als Geschäftsführer der SMG, aber letztlich auch als Referatsleiter der städtischen Öffentlichkeitsarbeit.

Einen entsprechenden Antrag zur Absetzung bei der SMG hat die CDU-Fraktion in der letzten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses gestellt. Mit dem Antrag, der im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung beraten wurde, sollten die städtischen Mitglieder des SMG-Aufsichtsrates angewiesen werden, Schwardtmann abzuberufen. Zur Begründung heißt es in dem Antrag, der Spotlight Gelsenkirchen vorliegt: „Die zwischenzeitlich vorliegenden Informationen zum Konstrukt Gelsendienste-SMG erfordern die Abberufung der Geschäftsführung, die diese Handlungen selbst durchgeführt bzw. geduldet hat.”

Weiter heißt es: Auch im Falle einer Unkenntnis von Teilen der Geschäftsführung von dem Sachverhalt, gebe es keine Grundlage für ein Vertrauensverhältnis mehr. 

Im Klartext: Entweder wusste Schwardtmann von den Vorgängen bei der SMG - oder er hat sie übersehen. In beiden Fällen disqualifiziere ihn das für seine Aufgaben, so die Argumentation der CDU. 

Für die Mehrheit im Ausschuss ein Schnellschuss. Offenbar war den meisten Ausschussmitgliedern die Aufklärung für einen solchen Schritt noch nicht weit genug vorangeschritten. Am Ende stimmten nur die CDU, die AfD und David Fischer als einzelner Stadtverordneter für den Antrag. Die FDP enthielt sich, alle anderen stimmten dagegen.

„Für solche Entscheidungen sollte ein ganzheitliches Bild vorliegen”, sagt etwa Grünen-Fraktionsvorsitzende Adrianna Gorczyk, „das gebietet schon alleine die Fairness.” Gorczyk sitzt sowohl im Haupt- und Finanzausschuss als auch im Aufsichtsrat der Stadtmarketing Gesellschaft.

Für Sascha Kurth, Fraktionsvorsitzender der CDU, ist der Fall hingegen klar: „Teile der Politik und der Stadtverwaltung verweigern sich der konsequenten Auseinandersetzung,” sagt Kurth auf Nachfrage.

Stadt, SPD und Schwardtmann verweisen auf laufendes Verfahren

Dieser Satz ist vor allem eine Spitze gegen die SPD und die Stadtverwaltung. 

Beide wollen sich auf unsere Nachfrage nicht äußern. Die SPD-Fraktion verweist auf das laufende Verfahren, das man nicht kommentieren wolle.

Aus dem Rathaus heißt es kurz und knapp: Man warte die laufenden Ermittlungen ab. 

Und auch Markus Schwardtmann möchte sich zum Angriff der CDU auf seine Person nicht äußern. In seiner Rolle als Geschäftsführer der Stadtmarketing Gesellschaft sagt er auf Nachfrage: „Wir sind gerade dabei, den Sachverhalt aufzuklären. Dafür hat der Aufsichtsrat der SMG eine externe Anwaltskanzlei beauftragt. Anschließend wird der Aufsichtsrat Entscheidungen treffen.”


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Mitreden

Menschen in Gelsenkirchen unzufrieden mit ihrer Stadt: Die Menschen in Gelsenkirchen haben ihrer Stadt einen Nackenklatscher verpasst. Unsere Stadt belegte den letzten Platz unter 15 Ruhrgebietsstädten in einer WAZ-Umfrage, damit wurde die Leistung in der Stadt mit einer Schulnote bewertet. Ziemlich genervt sind die Menschen demnach vom Müll auf den Straßen und der Parkplatzsuche. Hier gab es die Noten 4,4 und 3,8. Auch die Integration von Menschen mit Migrationsgeschichte läuft für viele Befragte gar nicht gut: Note 4,7. Etwas besser schneidet die Stadt beim Nahverkehr und der medizinischen Versorgung ab. Repräsentativ ist die Umfrage nicht. Sie zeigt aber, welche Stimmung gerade in Gelsenkirchen herrscht.

Auch wir wollen in den nächsten Wochen und Monaten über diese Themen berichten, mit Ihnen ins Gespräch kommen und nach Lösungen suchen. Was stört Sie an der Stadt? Was finden Sie gut? Wie können Lösungen aussehen? Schreiben Sie uns gerne: mario.buescher@correctiv.org oder tobias.hauswurz@correctiv.org.

waz.de

Stadt will sich gegen Betrug wappnen: Die Stadt Gelsenkirchen will mehr gegen Betrügereien in den eigenen Reihen tun. Wie genau sie das anstellen will, weiß sie aber noch nicht. Das werde aktuell geprüft, sagte ein Stadtsprecher Radio Emscher Lippe. Hintergrund ist der mutmaßliche Betrug einer Mitarbeiterin im Jugendamt. In der nächsten Ratssitzung steht ein erster Schritt auf der Tagesordnung: Die Stadt möchte einen Mitarbeiter der Rechnungsprüfung zum Anti-Korruptionsbeauftragten machen

radioemscherlippe.de

Zwei Neueröffnungen im Bahnhofcenter: Ich bin auf dem Weg zur Arbeit jetzt schon ein paar mal dran vorbeigelaufen, hab's aber noch nicht probiert: Wer Bock auf Smashburger hat, kann seinen Hunger seit vergangener Woche im Bahnhofcenter stillen. Direkt neben dem Bäcker Hosselmann hat ein neuer Laden aufgemacht, der das Trendessen anbietet. Und können Sie sich noch dran erinnern, dass der Supermarkt im Bahnhofcenter früher ein Untergeschoss hatte? Dort, direkt unter dem Penny, eröffnet nächste Woche ein neuer mediterraner Supermarkt.


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Im Spotlight

Wir sind schon ziemlich aufgeregt. Morgen (am Freitag) feiern wir die große Eröffnung unseres Cafés in der Arminstraße mitten in der Gelsenkirchener Innenstadt. Wir starten um 18 Uhr, ein paar kostenlose Restkarten gibt es noch hier: 

Falls Sie am Freitag nicht können, uns aber gerne trotzdem kennenlernen wollen, können Sie auch am Samstag ins Café Ütelier kommen: Dort stellen wir unser Konzept für Lokaljournalismus vor und wollen mit Ihnen ins Gespräch über die Themen kommen, die Sie in dieser Stadt bewegen. Dafür ist keine Anmeldung nötig. Kommen Sie einfach vorbei, der erste Kaffee geht auf uns.


PS: Wir befinden uns aktuell noch in einer Testphase. Wir werden diesen Newsletter Schritt für Schritt zu einer digitalen Lokalzeitung für Gelsenkirchen aufbauen. Dafür brauchen wir Ihr Feedback: Schreiben Sie uns gerne an tobias.hauswurz@correctiv.org oder mario.buescher@correctiv.org. Oder kommen Sie auf einen Kaffee in der Arminstraße vorbei!


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