
Tobias Hauswurz
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
wir waren vor Gericht erfolgreich: Nach einer Klage von Spotlight Gelsenkirchen hat die Stadtverwaltung neue Haushaltszahlen offengelegt. Die zeigen, dass dem städtischen Etat fast 84 Millionen Euro fehlen - rund 31 Millionen Euro mehr als geplant. Die am 18. Dezember startenden Beratungen über den Haushalt werden damit noch schwieriger. Denn dadurch können voraussichtlich noch weniger Dinge umgesetzt werden, als geplant.
Wir hatten die Stadtverwaltung bereits im November gebeten, uns eine aktuelle Auskunft über ein Haushaltsloch zu geben, das Gelsenkirchens Kämmerer Luidger Wolterhoff bereits im Sommer angekündigt hatte. Die Verwaltung wollte uns aber nichts sagen, sondern verwies auf die Ratssitzung am 18. Dezember. Zu diesem Zeitpunkt würde man die Öffentlichkeit informieren, wie viel Geld im Etat fehlt. Zu spät, fanden wir, weshalb wir Eilantrag vor dem Gelsenkirchener Verwaltungsgericht einreichten. Jetzt hat die Stadtverwaltung unsere Fragen beantwortet, ein Urteil musste daher nicht mehr gefällt werden. Das freut uns, weil damit so früh wie möglich notwendige Transparenz geschaffen wird.
Die Stadtverwaltung wird nach der uns jetzt zur Verfügung gestellten Prognose etwa 84 Millionen Euro mehr ausgeben, als sie einnimmt. Eigentlich hatte die Verwaltung geplant, das Jahr mit einem Defizit von „nur” rund 52 Millionen Euro abzuschließen. Schon vor einem Jahr war der Haushalt nur deshalb durchgegangen, weil die Stadtverwaltung die sogenannte Ausgleichsrücklage benutzt, um das Minus auszugleichen. Denn eigentlich sollen Kommunen nur so viel Geld ausgeben, wie sie auch einnehmen, um sich nicht noch weiter zu verschulden. Die Ausgleichsrücklage sollte eigentlich bis Ende 2028 reichen. Mit den neuen Zahlen ist jetzt aber schon klar: Der Puffer wird wesentlich schneller schmelzen, als geplant. Und das wird bereits im Haushalt für das kommende Jahr spürbar sein. Die Verwaltung hat uns gegenüber bereits angekündigt, dass Einsparungen gemacht werden müssen, zum Beispiel, indem Investitionen verschoben werden. Dadurch wird auch der Spielraum der Politik sinken. Denn auch für politische Vorhaben, die wirklich etwas bewegen sollen, braucht es Geld. Gerade für die immer noch laufenden Koalitionsverhandlung ist es wichtig zu wissen, was wirklich in der Kasse ist oder auch nicht.
Sowohl bei der Gewerbesteuer als auch bei der Grundsteuer wird die Stadtverwaltung bis Ende des Jahres zusammen fast sieben Millionen Euro weniger einnehmen, als geplant. Sie muss außerdem rund zwölf Millionen Euro mehr für Personal ausgeben als geplant, unter anderem wegen des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst, den die Verwaltung zwar eingeplant, aber niedriger geschätzt hatte. Extrem gestiegen sind außerdem die so genannten „Hilfen zur Erziehung”, also die Unterstützung von Familien und Kindern. Alleine bei diesem Kostenpunkt rechnet die Verwaltung aktuell mit 20 Millionen Euro Mehrausgaben, als ursprünglich geplant.
So viel erstmal dazu. Eine genauere Einordnung, was das Haushaltsloch bedeuten wird, lesen Sie in unserer regulären Ausgabe am Donnerstag.
Wir lesen uns dann!
Ihr
Tobias Hauswurz
An dieser Ausgabe hat Mario Büscher mitgearbeitet.
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